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Das halbierte Denkmal: Ernst-Thälmann-Park – Gastbeitrag

Das auf der Website der Anwohnerinitiative veröffentlichte Schreiben des Bezirksbürgermeisters vom 01.06.2017 veranlasste einen Bürger in einem Schreiben an den Bezirksbürgermeister auf einen wichtigen Sachverhalt aufmerksam zu machen. Der wesentliche Inhalt des Schreibens wird hier wiedergegeben:

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Das Lesen des Schreibens veranlasste dazu, darauf aufmerksam zu machen, dass ein wesentliches Defizit vorliegt, wenn historische Tatsachen, die für politisch Handelnde Grundlage im Entscheidungsprozess sein müssen, nicht adäquat geachtet werden.

Im vorletzten Satz des Schreibens brachte der Bürgermeister zum Ausdruck, dass er nicht nachvollziehen kann, weshalb die Erweiterung des Denkmalschutzes auf die gesamte Fläche des 1986 geschaffenen Thälmannparks beantragt werden soll, weil der Denkmalbereich bereits alle seit 1986 errichteten Wohngebäude der Siedlung Ernst-Thälmann-Park umfasst, einschließlich der Freiflächen, der Schwimmhalle und des Umspannwerks.

Genau darin liegt der Irrtum.

Es ist eine historische Tatsache, dass der Thälmannpark, der als ein Gesamt-Ensemble angelegt wurde, sich auf einer Gesamtfläche erstreckt, die von der Prenzlauer Allee bis zur Greifswalder Straße oder umgekehrt, reicht.

Der verwendete Begriff der „Siedlung“ ist zum einen fiktiv und impliziert zum anderen eine Einengung auf Wohngebäude, eine Schwimmhalle und ein Umspannwerk, was historisch nicht nur unbegründet, sondern falsch ist.

Das auf der benannten Gesamtfläche angelegte Ensemble beinhaltet die Bereiche des Wohnens, der Kultur, des Sports, der Bildung, der Schule, der Natur/Grünes, Einkaufen usw. Alles was heute gewünschte Merkmale eines urbanen Lebens sind.

Die markanten Bestandteile des Thälmannparks waren und sind komplex und umfänglich:

  • die Wohngebäude,
  • das Denkmal,
  • die umliegende Grünfläche mit Teich,
  • die Kultureinrichtungen an der Danziger Str. (ehemals Dimitroffstr.),
  • der Sportplatz,
  • die „Wabe“,
  • die Gaststätte „Rosengarten“,
  • die Schwimmhalle,
  • die „24. Oberschule im Ernst-Thälmann-Park“ mit ihrer Sporthalle und ihrem Sportplatz und ihrem Schulgarten,
  • dem westlich der Schule gelegenem Bolzplatz,
  • dem westlich der Schule gelegenem Spielplatz,
  • der gesamten Grünfläche westlich der Schule (auf der zuvor Gasometer standen) mit ihren Gestaltungselementen und dem
  • „Zeiss-Grossplanetarium – Ernst-Thälmann-Park Berlin“.

Die im Thälmannpark errichtete „24. Oberschule im Ernst-Thälmann-Park“ erhielt nach der deutschen Einheit eine Umbenennung in „Grundschule am Planetarium“.

Das Zeiss-Grossplanetarium an der Prenzlauer Allee trägt auch heute noch an seiner Fassade die Bezeichnung „Zeiss Grossplanetarium – Ernst-Thälmann-Park Berlin“.

Bisher wurde nur ein Teil des Thälmannparks als Denkmal statuiert. Man kann sagen, dass das nur die „halbe Wahrheit“ ist.

Was schlecht ist, muss nicht so bleiben. Was vor der Amtszeit des jetzigen Bezirksbürgermeisters angefangen wurde, kann jetzt besser gemacht werden.

Dass der Thälmannpark von seiner Projektierung bis zu seinem Bauabschluss im Jahre 1986 die Realisierung eines Gesamt-Ensembles ist, wie im Text zuvor umfänglich beschrieben, ist eine Tatsache, an der kein seriöser Akteur umhin kann.

Aus objektiver Sicht ist der Denkmal-Status für dieses Gesamt-Ensemble eine logische und konsequente Entsprechung der historischen Grundlage.

Die Voraussetzungen dafür sind gegeben, den noch nicht unter Denkmal-Status stehenden Teil´des Ensembles, problemlos in diesen Status zu integrieren, da dieser genannte Bereich sich noch im Ursprungszustand befindet (das Schulgebäude ist lediglich modernisiert worden).

AN

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Wozu Bürgerbeteiligung? – Wir wollen bauen!

Wie die Prenzlberger Stimme berichtet, wurde die Ausschusssitzung des Ausschusses für Stadtentwicklung und ein bisschen Grünanlagen am vergangenen Donnerstag von mehr als 300 Anwohnern „gestürmt“. Was war geschehen?

Am 08. September hatte die Senatsverwaltung für Stadtentwicklung und Umwelt einen städtebaulichen Wettbewerb für das Wohngebiet entlang der Michelangelostraße ausgeschrieben.  Ein Sieger wurde schnell gefunden, schließlich winkten Preisgelder in Höhe von 108 000 Euro.

Leider hatte man in der Eile völlig vergessen, die betroffenen Anwohner zu informieren, so dass diese den Lobgesang über den tollen Wettbewerbssieger aus der Presse entnehmen konnten. Gut gemacht. Nachdem die Bürgerbeteiligung im Thälmannpark-Areal ja voll daneben gegangen war und die Bürger sich erdreistet hatten, mit eigenen Ideen, Frage und Kritik die Pläne eines Investors zu hinterfragen und eine sinnvolle Alternative zur Diskussion vorzuschlagen, hat man im Senat und im Bezirk gelernt. Wie der damalige Senator und mittlerweile Bürgermeister Müller 2014 Aktiven der AI Thälmannpark gegenüber klar gesagt hat, gibt es für ihn ein schlagendes Argument: „Ich will da bauen“! Da stören die blöden Bürger nur, die werden schnell wütend und im schlimmsten Fall haben die auch Argumente und zeigen Anzeichen von Intelligenz. Nicht gut. Bis zur Wahl sind es nur noch knapp zwei Jahre, da müssen Erfolge her. Baubetonerfolge. Was das für die soziale Infrastruktur, den Verkehr, die Grünflächenversorgung etc. bedeutet? Darum kümmern wir uns dann später, erst werden Tatsachen geschaffen!

Diese Dreistigkeit und Dummheit ist kaum mehr zu überbieten. Nach dem Volksentscheid zum Tempelhofer Feld wurde nix gelernt, außer dass es wohl besser ist, die Leute nicht zu fragen. Um es ganz klar zu sagen: Die Stadt besteht nicht aus lauter Wutbürgern, die prinzipiell gegen den Neubau von Wohnungen sind. Diese Wohnungen sollten aber bezahlbar sein, und die vorhandenen Probleme der gesamten Infrastruktur nicht weiter verschärfen. Wohldurchdachte Stadtentwicklung benötigt Zeit. Das tiefe Mistrauen der Bevölkerung gegen diese Bastabeton-Politik wird durch das Vorgehen bei der Michelangelostraße weiter wachsen. Echt gut gemacht. Euch wählen wir alle wieder, Ihr seid unsere Besten.

Anfang März soll nun der Tagesordnungspunkt der Vorstellung des Wettbewerbsergebnisses in einem ausreichend großen Raum erfolgen. Und danach geben alle wohl hoffentlich Ruhe, damit bald gebaut werden kann. Bald sind Wahlen. Mal sehen. (OO)

P.S.: Die Ergebnisse des Siegerentwurfes des Wettbewerbs sollen auch mal wieder ausgelegt werden, und zwar in der Sparkasse in der Greifswalder Straße. Geile Location. Warum nicht gleich irgendwo im Brandenburgischen, da gibt es wenigsten Platz.

 

 

 

 

 

Mit zwölffacher Lichtgeschwindigkeit durch den Thälmann-Park

Die Planeten. (G. Holst) 1995 70X15 Meter

Die Planeten. (G. Holst) 1995 70X15 Meter

Eine Initiative in Prenzlauer Berg wehrt sich gegen Investorenpläne

Von Simon Dreier

Der Ernst-Thälmann- und der Anton-Saefkow-Park in Prenzlauer Berg sind Erholungsräume für Jung und Alt. Ihre Grünflächen laden zum Spazierengehen und Spielen ein. Diese Idylle könnte bald gestört werden. Geht es nach dem Willen von Christian Gerome, sollen am Rand des denkmalgeschützten Areals Thälmann-Park sowie auf dem Gelände des Güterbahnhofs Greifswalder Straße und des Zementwerkes, die beide an den Anton-Saefkow-Park grenzen, Wohnhäuser entstehen.

Der Immobilienhändler hat bereits einige Flächen und die Brücke über die Greifswalder Straße gekauft. Gegen seine Pläne setzt sich die Anwohner-Initiative Ernst-Thälmann-Park zur Wehr. Als sie im Dezember 2012 in der Gaststätte „Gaslaterne“ gegründet wurde, ging es ihr vor allem darum, die Bewohner der Häuser im Thälmann-Park vor Kostensteigerungen zu bewahren, die aufgrund einer energetischen Sanierung durch den Vermieter, die GEWOBAG, drohten. Außerdem wünschte sich die Initiative, dass sich der Bezirk Pankow mehr um die Grünflächen kümmere.

Heute kämpft die Initiative gegen die Bebauungspläne von Investor Gerome. Sie befürchtet, dass dieser Luxus-Hochhäuser für reiche Leute bauen und die Wohnungen darin teuer verkaufen will. Die Initiative möchte die Flächen dagegen für Kultur-, Bildungs- und Erholungszwecke erhalten. Vor allem sollen die Freizeitangebote für Kinder und Jugendliche verbessert werden.

Davon sollen auch die Bewohner der dicht besiedelten angrenzenden Stadtteile profitieren. „Der Thälmann-Park gehört allen, nicht nur denen, die dort wohnen. Wir sind das Zentrum von Prenzlauer Berg,“ sagt Markus Seng von der Anwohner-Initiative und wünscht sich, dass sich viele Menschen an den Planungen für die Zukunft des Thälmann-Parks beteiligen.

Der 50jährige stammt aus dem Schwarzwald. Er hat einen Doktortitel in Physik und interessiert sich für Astronomie. Er könnte sich vorstellen, dass ein maßstabsgetreuer Planetenpfad vom Planetarium bis zum Anton-Saefkow-Park angelegt wird, „so dass man das Sonnensystem in zwölffacher Lichtgeschwindigkeit durchwandern kann.“

Bis es soweit kommt, muss die Anwohner-Initiative allerdings noch die Bezirksverordnetenversammlung umstimmen. Diese hat im Oktober mit den Stimmen von SPD, CDU und Grünen Schritte beschlossen, die die Pläne des Investors voranbringen sollen. Ein Gegenantrag der Initiative wurde abgelehnt.

Davon lässt sich die Initiative aber nicht entmutigen. Sie sammelt Unterschriften für einen neuen Antrag. Außerdem strebt sie einen Bürgerentscheid an. Der wäre zwar nicht bindend, würde aber ein klares politisches Signal aussenden. Getragen wird die Initiative auch von der Erinnerung an frühere Proteste am selben Ort: Als 1981 das Gaswerk, das auf dem Areal des heutigen Thälmann-Parks stand, stillgelegt wurde, kämpften Anwohner zusammen mit der Kunsthochschule Weißensee gegen den Abriss der Gasometer. Was damals scheiterte – der Widerstand gegen ein Vorhaben „von oben“ – möchte die Initiative heute zum Erfolg führen.