Die Veranstaltung am 16. Oktober in der WABE war vieles, aus meiner Sicht auch eine Demonstration eines Lernprozesses der Protagonisten. Nicht alle waren vielleicht willig zu lernen, aber die Ansätze für einen Lernprozess stimmen optimistisch.
Die von der Stattbau präsentierten Zwischenergebnisse der Voruntersuchung Thälmannpark sollten, flankiert von einer Podiumsdiskussion von 9 verschiedenartig betroffenen Menschen, die die unterschiedlichen Bedürfnisse und Partikularinteressen repräsentieren, als letzte Möglichkeit der Bürgerbeteiligung durchmoderiert werden und somit die Aufgabenstellung des Bezirksamtes an die Stadtbau erfüllt werden.
Die Stattbau hatte unter anderem die Aufgabe, einen Bürgerbeteiligungsprozess zu organisieren, um aus den Ergebnissen ein Leitbild zu entwickeln und Empfehlungen zur Gestaltung des Areals zu geben. Ein ausführlicher Leistungskatalog wurde vom Bezirksamt erstellt, dessen Erfüllung nicht erkennbar ist. Dass die in Stadtplanung so erfahrende Stattbau so eine mittelmäßige, viel zu ungenaue und auch unzureichend begründete Präsentation hier zu bieten hatte, war für viele der Anwesenden eher enttäuschend, ein Vergleich mit der erwarteten Leistung aus dem Leistungskatalog zeigt massive Lücken. Dem ambitionierten Ziel beim ersten und bisher einzigen Workshop der aktiven Erarbeitung des Leitbildes für den Thälmannpark wurde man in keiner Weise gerecht.
Der Dialog mit der Anwohner-Initiative wurde nach dem ersten Workshop im Juni 2013 abgebrochen, nur auf intensive Nachfrage Mitte September wurde darüber informiert, wie man (übrigens mit neuer Projektleitung) verfahren möchte. Das hörte sich dann nicht mehr sehr nach Dialog an, das Thema Bürgerbeteiligung sollte scheinbar schnell abgeschlossen werden, und Baupotentialflächen für 2000 Wohnungen wurden – hinter verschlossenen Türen oder weil Investoren da bauen wollen? ”gefunden” , so Herr Kirchner in RBB Bericht. Halleluja, kann ich da nur sagen.
Dass man den Prozess nun wieder offen halten will und es einen weiteren Workshop geben soll, ist den unterschiedlichen Aktivitäten der Anwohner-Initiative und dem Protest der knapp 400 Menschen in der WABE zu verdanken. Als wichtigster Punkt ist festzustellen, dass der Prozess jetzt erst richtig beginnt und eine behutsame und hoffentlich detaillierte Diskussion geführt werden wird, die der Komplexität und Bedeutung des Areals gerecht wird. Die Einbeziehung der Menschen in der grünen Stadt, aber auch der weiteren angrenzenden Areale im Wins-Viertel, Bötzowkiez usw. werden, nicht nur auf Grund der Erweiterung des Untersuchungsgebietes, integraler Bestandteil von geplanter und zugesagter intensiver Bürgerbeteiligung sein müssen.
Stadtrat Kirchner sprach von dem Modelcharakter einer Bürgerbeteiligung, die es so bisher im Prenzlauer Berg noch nicht gab. Hier sind alle Beteiligten nach Methoden und Verfahrensweisen gefragt, wie der Prozess der Gestaltung des Voruntersuchungsgebietes Thälmannpark neu gestaltet und gleichzeitig sicher gestellt werden kann, dass sich Anwohner*innen, Bezirksamt, Senat, Vertreter*innen von Objekten der sozialen Infrastruktur auf Augenhöhe und als gleichberechtigte Partner begegnen, durchaus ergebnisorientiert die verschiedenen Aspekte dieses einmaligen Areals betrachten und diskutieren, um dann sich einem Ergebnis zu nähern, das dem Areal, den Menschen dort und drumherum, der städtepolitischen und -planerischen Bedeutung, sowie der Gesamtentwicklung des Prenzlauer Berges und deren Bewohner*innen gerecht wird. Hier muss entschleunigt werden.
Entschleunigung bedeutet aber nicht Stillstand. Wenn es, wie am Abend berichtet, zu einem Unfall an der Grundschule am Planetarium kam, bei dem ein Kind von einem Radfahrer verletzt worden ist, dann muss sofort an dieser Stelle eine intelligente Fahrradbarriere gebaut werden. Solche Maßnahmen brauchen kein Leitbild, sondern verlangen schnelles Handeln. Dafür muss sofort Geld zur Verfügung gestellt werden. Ebenso kann die unstrittige Erneuerung des Sportplatzes der SG Rotation schon bald beginnen, und auch die Erneuerung des Planetariums benötigt kein Leitbild, sondern Geld, und das ist für das Planetarium ja offensichtlich vorhanden.
Vielleicht wird dieser Gestaltungsprozess neu und aufregend, wir sollten ihn als einmalige Chance begreifen, hier und heute was zu gestalten, das Symbolcharakter für die Stadt und ihren unzähligen Kontroversen haben kann. Und wir werden alle daran lernen und wachsen, wie Demokratie funktionieren kann und wie Bürgerinnen und Bürger der in Verantwortung stehenden Politik helfen können, den Prozess pluralistisch und partizipativ zu gestalten. Da ist doch eine lohnende Aufgabe.
Und im Übrigen bleibt festzustellen, dass das Leben nicht alternativlos ist. Es gibt eine Alternative zur lieblosen Verdichtung mit hochpreisigem Betonwohnbau, diese Alternative haben wir gemeinsam mit vielen Menschen erarbeitet, diese Alternative wollen wir mit vielen Menschen mit mehr und mehr Leben füllen und konkretisieren, und darüber wollen wir ernsthaft reden!
Raik Weber
Die Welt wird nicht bedroht von den Menschen, die böse sind, sondern von denen, die das Böse zulassen.
Albert Einstein