Nach Durchsicht der vom Bezirksamt Pankow und der STATTBAU Stadtentwicklungsgesellschaft mbH im Internet öffentlich zugänglich gemachten Unterlagen nehme ich wie folgt Stellung:
1.Das Areal (ohne Ergänzungsgebiet östlich der Greifswalder) sollte als Beispiel eines stadtplanerisch beispielhaften und komplex angelegten Musterstadtteils nach den politischen Vorgaben und materiellen Realisierungsmöglichkeiten der DDR-Architektur unter Schutz gestellt werden noch bevor weitere einschneidende Baumaßnamen den architektonischen Gesamteindruck verändern. Es ist ein einzigartiges Beispiel für Berlin wie auch überregional und den bereits denkmalgeschützten Komplexen in unmittelbarer Nachbarschaft durchaus gleichrangig schützenswert. Das vorgelegte Material trägt in seiner Grundaussage mit einigen Einschränkungen (siehe Pkt. 2) diesem Anliegen Rechnung. Die Entscheidung über die Unterschutzstellung sollte vor Bestätigung der Entwicklungskonzeption grundsätzlich fallen bzw. administrativ verbindlich auf den Weg gebracht werden.
2.Wir plädieren für einen durchgängigen Grünzug von der Prenzlauer Allee bis zur Kniprodestrasse ohne jegliche Wohnbebauung. Im Bericht sind dafür massive Argumente insbesondere aus stadtklimatischer Sicht sehr richtig und mehrfach aufgeführt. Jeder visionäre und verantwortungsbewusste Stadtplaner sieht, welche geradezu historische Chance sich mit einem solchen kilometerlangen Grünzug von Nordwest nach Südost – also in der bevorzugten Windrichtung – für das Stadtklima eröffnet. Ein bereits vorhandener schmaler grüner Korridor könnte sich bei politischem Willen für Zehntausende Anwohner und für Flora und Fauna noch weiter öffnen und für die nächsten Generationen gesichert werden.Diese Chance darf man mit kurzsichtigen Entscheidungen nicht verbauen – im wahrsten Sinne des Wortes „zubauen“.
Auch der vorgesehene Fuß- und Radweg entlang der Bahntrasse sollte natürlich großzügig im Grünen verlaufen. Eine gute Idee! Der Ausbau und Erhalt örtlicher Biotopverbindungen über die Kleingartenanlagen am Volkspark Prenzlauer Berg, den Volkspark selbst und in Fortsetzung inklusive des Jüdischen Friedhofs Weißensee kann unserer bereits viel zu sehr verdichteten Stadt nur gut tun. Verwertungsinteressen müssen aus Verantwortung für heutige und künftige Generationen klar zurückgestellt werden.
3.Zu den ausgewiesenen Wohnungsbaupotenzialen: Lärm, Staub und Luftbelastungen müssen im vitalen Interesse der Wohnbevölkerung von Wohnstandorten natürlich ferngehalten werden. In politischen Sonntagsreden ist das völlig unstrittig! Niemand, der bei Verstand ist, würde sein Haus an eine Bahntrasse bauen. Aber hier soll genau das mehreren tausend potenziellen künftigen Mietern zugemutet werden! Prämisse muss doch sein, für alle Mitbürger – auch die mit schmalem Geldbeutel – ein echtes Wohlfühlklima zu schaffen, die Menschen heimisch zu machen! Natürlich kann man wohl vor allem junge Leute zeitweilig in Wohnquartiere locken, die wegen der vorhandenen Belastungen keinesfalls als optimal zu bezeichnen sind. Keiner der heutigen Entscheidungsträger würde sich selbst langfristig mit seiner Familie an der Bahntrasse ansiedeln. Diese Flächen – insbesondere nördlich der Greifswalder Str. – sind keine Wohnstandorte für die nächsten hundert Jahre. Sie entsprechen nicht den berechtigten Erwartungen heranwachsender Generationen. Wer gegenteiliges behauptet, hat nicht bis zu Ende gedacht oder ist ausschließlich profitorientiert. Wohnen im Berlin der Zukunft muss andere Umweltstandards als in Gründerzeitquartieren oder in der früheren Inselstadt Berlin-West erfüllen, wo man bekanntermaßen selbst die Stadtautobahn mit Wohnungen überbaut hat. In dieser Zukunftsfrage, die zugleich eine sehr politische ist, darf man nicht vor Verwertungsinteressen oder angestrebten statistischen Erfolgsmeldungen profilierungsorientierter Politiker (2200 WE!) einknicken. Politische Verantwortung im demokratischen Wortsinne wahrzunehmen heißt, diese Vorhaben gerade wegen der eingeschränkten Wohnqualität im Interesse künftiger Mieter abzulehnen.Kennziffern zu Wohnungsbaupotenzialen hin oder her– es geht um nicht weniger als die Zukunft dieser Stadt. Durch Lückenbau und Dachgeschossausbau ist bereits eine grenzwertige Verdichtung erfolgt. Die Zahlen im Bericht belegen das klar. Verantwortungsvolle Wohnungsbaupolitik heißt nicht zuletzt, den Menschen dort Angebote zu machen, wo sie wirkliche Lebensqualität vorfinden. Und das ist jedenfalls nicht als Randbewohner von Bahntrassen! Die Verantwortung der Entscheidungsträger geht doch weit über ihre Amtszeit oder Wahlperiode hinaus. Hier sind echte Visionen für unsere Stadt und unser aller Zukunft gefordert.
4.Ergänzende Vorschläge:
– Vor dem achtgeschossigen Block parkseitig zwischen den Hochhäusern (Kindergarten, Gaststätte) müssen Poller angebracht oder andere Maßnahmen zur Verhinderung des widerrechtlichen Befahrens des Fuß- und Radweges durch Kraftfahrzeuge ergriffen werden. Wir beobachten immer wieder, dass insbesondere bei Stau auf der Greifswalder stadteinwärts, quer durchs Wohngebiet Schlupflöcher über die Fußwege gesucht werden oder dass nachts Gäste aus der Gaststätte abgeholt werden.
– Der Trampelpfad zwischen Lilli-Henoch-Str. und Rückseite Denkmal sollte legalisiert werden! Er lässt sich nicht verhindern.
– Das Problem eines geregelten und kontrollierbaren Hundeauslaufs kommt in der Vorlage nicht vor. Es muss aus hygienischen und Sicherheitsgründen dauerhaft geregelt und durchgesetzt werden. Die Kindergruppen auf den Wiesenflächen und auch andere Nutzer haben einen berechtigten Anspruch, nicht im flächendeckend vorhandenen Hundekot zu spielen oder zu sonnen. Zugleich gibt es verantwortungsbewussten Anwohnern die Möglichkeit, bei Nichtbeachtung der Regeln freundlich aber bestimmt auf das dafür vorgesehene Areal zu verweisen. Seitens des Ordnungsamtes ist ja bedauerlicherweise keinerlei Einschreiten zu erwarten, obwohl Mitarbeiter mit dem Schriftzug „ORDNUNGSAMT“ im gesamten Gebiet zwar omnipräsent sind, jedoch nicht im Wortsinne für Ordnung im Wohnquartier sorgen, sondern nur zu Autos Kontakt pflegen.
5.Hinweis: Auf S.72 hat sich offensichtlich ein Fehler eingeschlichen. Die Temperaturabweichungen gegenüber Freilandverhältnissen sind mit „9,5°C“ sicher falsch ausgewiesen.
Reinhard Röder
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